Kapitalanlagerecht - Seedmatch

Seedmatch Betreiber OneCrowd Loans GmbH haftet wegen unwirksamer Nachrangklausel

Start-ups, die über so genanntes Crowdfunding Kapital einsammeln, bedienen sich hierfür Onlinediensten wie den von der OneCrowd Loans GmbH betriebenen Plattformen Seedmatch, Econeers oder Mezzany. Hier können sich Privatanleger mit vergleichsweise kleinen Beträgen an Unternehmen beteiligen, die das eingesammelte Kapital für ihre Geschäftsentwicklung nutzen.

Bei dem von den Investoren investierten Geldern handelt es sich in der Regel um ungesichertes Risikokapital. Bleibt der Erfolg beim finanzierten Unternehmen aus, ist das Investment meist verloren. Zudem wird in den Investmentverträgen häufig ein Nachrang etwaiger Forderungen der Investoren vereinbart. Das heißt, dass die Gelder der Investoren im Falle einer Insolvenz erst nach den Forderungen aller anderen Gläubiger befriedigt werden. In der Regel bedeutet dies einen Totalverlust des eingesetzten Kapitals. Aufgrund des mit einer solchen Nachrangklausel einhergehenden Risikos werden an die Wirksamkeit solcher Klauseln zum Schutz der Verbraucher von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hohe Anforderungen gestellt.

Eine solche Nachrangklausel war auch Gegenstand eines Urteils des Landgerichts Dresden. In diesem dem Fall hatte ein Investor – ebenso wie ca. 1.800 weitere Anleger – über die von der OneCrowd Loans GmbH betriebenen Plattform Seedmatch in das inzwischen insolvente Hamburger Start-up Protonet investiert, das eine private, sichere Cloud für jedermann zu entwickeln versprach. Insgesamt sammelte Protonet über Seedmatch EUR 3.000.000 ein.

Nachdem das Geschäftsmodell von Protonet gescheitert war, musste das Start-up im Jahr 2017 Insolvenz anmelden. Die Kleinanleger erlitten aufgrund des vereinbarten Nachrangs einen Totalverlust ihrer Investitionen.

Protonet wurde daraufhin von einem Investor zunächst vor dem Landgericht und dann vor dem Oberlandesgericht Hamburg auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Der Investor begründete seinen Anspruch unter anderem damit, dass die Voraussetzungen für die wirksame Vereinbarung einer Nachrangklausel nicht eingehalten worden seien. Die Klausel sei unwirksam, was die Unwirksamkeit des gesamten Investmentvertrages nach sich ziehe. Das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg gab dem Investor Recht.

Dieser Auffassung schloss sich nun das Landgericht Dresden an. Darüber hinaus urteilte es, dass auch der Plattformbetreiber OneCrowd Loans GmbH für die Unwirksamkeit der über die von ihm betriebenen Plattform Seedmatch vereinbarten Investmentverträge einzustehen habe. OneCrowd Loans hatte im Verfahren behauptet, die Investmentverträge würden lediglich von den anbietenden Start-ups bereit gestellt. OneCrowd Loans habe mit der Vertragsgestaltung und Vertragsformulierung nichts zu tun.

Das Landgericht Dresden tat dies als fernliegende und unglaubhafte Behauptung ab. Zudem schloss es sich der Auffassung des Oberlandesgerichts Hamburg (13 U 141/19) an, dass die Nachrangklausel unwirksam sei. Diese verstoße gegen das sich aus § 307 BGB ergebende Transparenzgebot und benachteilige daher die beteiligten Anleger unangemessen. Die qualifizierte Nachrangklausel sei so formuliert, dass juristisch oder kaufmännische nicht vorgebildete Kunden diese nicht verstehen könnten. Die Anleger würden auf die Risiken ihres Investments nicht ausreichend hingewiesen.

Aufgrund der Unwirksamkeit der Nachrangklausel seien die Investmentverträge als Einlagengeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG zu werten. Hierfür liege aber keine Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 S.1 KWG vor, so dass ein Schadenersatzanspruch sowohl gegen Protonet, als auch gegen OneCrowd Loans gegeben sei, da OneCrowd Loans zumindest in Form der Vertragsgestaltung und Formulierung Beihilfe zu einem verbotenen Einlagegeschäft geleistet habe.

Laut dem Plattformbetreiber sollen bereits mehr als 120.000.000 EUR in über 250 Finanzierungsrunden von rund 100.000 Nutzern über Seedmatch investiert worden sein. Wir haben Kenntnis davon, dass die unwirksame Nachrangklausel in einer Vielzahl von Investmentverträgen verwendet wurde. Betroffen sind nicht nur Investoren der Protonet GmbH, sondern (unter anderem) auch folgender Startups:

  • Bonaverde UG (insolvent)

  • VibeWrite UG (insolvent)

  • VON WILMOWSKY (insolvent)

  • Miasa GmbH (insolvent)

  • MyCleaner GmbH (insolvent)

  • Rodos Biotarget GmbH (insolvent)

  • DENO Deutsche Energieoptimierung Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG (insolvent)

  • LEDORA Projekt GmbH & Co. KG (in Liquidation)

  • classiqs.com GmbH (liquidiert)

  • Cinema Mobile GmbH (liquidiert)

  • Riboxx GmbH

  • Secucloud GmbH

Anleger, die über Crowdfunding-Plattformen wie Seedmatch, Econeers oder Mezzany Investitionen getätigt haben, sollten sich zu ihren rechtlichen Möglichkeiten beraten lassen. Außerdem sollten sie die absolute Verjährungsfrist des §§ 195, 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB im Blick behalten: Demnach verjähren Ansprüche auf den Tag genau zehn Jahre nach dem Abschluss eines Investmentvertrages und können anschließend nicht mehr erfolgreich durchgesetzt werden.

Wir prüfen die Ihrer Investition zugrunde liegenden Investmentverträge und beraten Sie zu möglicherweise bestehenden Schadensersatzansprüchen. Es besteht so die Chance, verlorenes Kapital doch noch zurückzugewinnen. Neben der Rückzahlung des Kapitals können außerdem sogenannte Deliktszinsen in Höhe von 4 Prozent des verlorenen Kapitals seit dem Tag der Auszahlung an des Startup eingefordert werden.

Wir haben für Seedmatch-Investoren schon eine Vielzahl unterschiedlicher Investmentverträge geprüft und haben in beinahe allen Verträgen die gleichlautende problematische Nachrangklausel gefunden. Da die OneCrowd Loans GmbH eine außergerichtliche Einigung mit unseren Mandanten abgelehnt hat, führen wir auch schon Klageverfahren für Anleger mit gescheiterten Seedmatch-Investitionen.

SKALING verfügt nicht nur über die notwendige bank- und kapitalmarktrechtliche Expertise, sondern auch über die notwendige technische Infrastruktur und Erfahrung im Umgang mit komplexen Massenschadensfällen. Wir überprüfen Ihre Handlungsmöglichkeiten und koordinieren ein gemeinschaftliches Vorgehen und eine gemeinsame Anspruchsdurchsetzung mehrerer geschädigter Investoren, wo dies rechtlich möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist.

Aus unseren Büros in Hamburg und Berlin sind wir bundesweit für Sie tätig.