Medizinrecht

Die Abrechnung von Hybrid-DRG

Das Bundesministerium für Gesundheit hat mit Wirkung zum 01.01.2024 die Rechtsverordnung über eine spezielle sektorengleiche Vergütung (Hybrid-DRG-Verordnung) erlassen.

Ursprünglich waren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen verpflichtet, bis zum 31.03.2023 die spezielle sektorengleiche Vergütung, die unabhängig davon erfolgt, ob die vergütete Leistung ambulant oder stationär erbracht wird, und die Leistungen, die hiernach vergütet werden sollen, zu vereinbaren. Da die Selbstverwaltungspartner keine Einigung erzielen konnten, hat das BMG die Hybrid-DRGs selbst per Verordnung geregelt.

Die Hybrid-DRG-Verordnung

Durch die Hybrid-DRG-Verordnung soll die Ambulantisierung von Krankenhausleistungen weiter vorangetrieben werden, indem kurzstationäre und ambulante Fälle, sofern sie der Definition einer Hybrid-DRGs entsprechen, identisch vergütet werden. Es soll mit einer Vergütung, deren Höhe zwischen dem ambulanten Niveau gemäß einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) und dem stationären Niveau gemäß diagnosebezogenen Fallgruppen (DRG) liegt, ein Anreiz geschaffen werden bestimmte, bislang stationär durchgeführte Behandlungen zukünftig ambulant zu erbringen. Durch die ambulante Leistungserbringung soll außerdem das Pflegepersonal in Krankenhäusern entlastet werden.

Durch die Hybrid-DRG wird der gesamte Aufwand abgegolten, der im Zusammenhang mit einer von der Verordnung erfassten Leistung entstanden ist. Damit sollen Anreize für eine wirtschaftliche Leistungserbringung gesetzt werden. Mit der Hybrid-DRG abgegolten sind also Sachmittel, Unterkunft und Verpflegung und ärztlicher Aufwand, auch wenn er einem anderen an der Leistung beteiligten Arzt als dem Operateur entsteht, sofern der Aufwand mit der Leistungserbringung in unmittelbarem Zusammenhang steht. Als Beispiele werden notwendige Anästhesien, perioperatives Labor sowie intraoperative und unmittelbar postoperative Röntgenleistungen genannt.

In Anlage 1 der Verordnung sind die Leistungen genannt, die mit einer Hybrid-DRG zu vergüten sind. Der Leistungskatalog besteht aus fünf Leistungsbereichen, denen jeweils eine Prozedurenliste (OPS-Codes) zugeordnet ist. Die Leistungsbereiche umfassen bestimmte Hernieneingriffe, die Entfernung von Harnleitersteinen, Ovariektomien, Arthrodesen der Zehengelenke sowie die Exzision eines Sinus pilonidalis.

Die Verordnung enthält in Anlage 2 einen Startkatalog von zwölf Hybrid-DRG, deren Bezeichnung und Bewertung in Euro.

Die Abrechnung von Hybrid-DRG

Die Abrechnung der Hybrid-DRG darf unabhängig von der Anzahl der beteiligten Leistungserbringer nur einmalig erfolgen. Mehrere beteiligte Leistungserbringer sind Gesamtgläubiger der Hybrid-DRG. Die Aufteilung der Vergütung bleibt damit den mitwirkenden Leistungserbringern überlassen.

In der Kalkulation der Hybrid-DRG wurden keine Pflegepersonalkosten nach § 17b KHG berücksichtigt. Aufwände für Gerinnungspräparate und für Dialyseleistungen sowie Sprechstundenbedarf sind in den Hybrid-DRG ebenfalls nicht enthalten.

Wenn sich aus dem Definitionshandbuch des InEK bzw. dem aG-DRG-Klassifikationssystem 2024 eine Zuordnung eines Falles zu einer Hybrid-DRG ergibt, sind die in Anlage 1 der Hybrid-DRG-Verordnung genannten Leistungen zwingend mit einer Hybrid-DRG nach Anlage 2 der Verordnung zu vergüten.

Zu beachten ist aber, dass allein die Dokumentation eines oder mehrerer erfassten OPS-Codes nicht ausreichend für die Abrechnungsfähigkeit einer Hybrid-DRG ist. Weitere im Klassifikationssystem berücksichtigte Bedingungen betreffen die Verweildauer und den klinischen Komplexitätsgrad (Patient Clinical Complexity Level (PCCL)). Außerdem werden Fälle von komplexen, ausschließlich stationär zu erbringenden Eingriffen sowie solche mit aufwendigen Diagnosen durch das Klassifikationssystem als Hybrid-DRG ausgeschlossen.

Die Verordnung regelt, dass die erfassten Leistungen mit den Maßnahmen zur Operationsvorbereitung und Operationsplanung beginnen und mit dem Abschluss der postoperativen Nachbeobachtung, jeweils in der Einrichtung, in der die Operation durchgeführt wird, enden. Eine ggfs. erforderliche Nachsorge ist grundsätzlich Aufgabe der vertragsärztlichen Versorgung und wird nicht von der Hybrid-DRG erfasst.

Außerdem sieht die Verordnung vor, dass eine Hybrid-DRG nur einmal gezahlt wird, auch wenn mehrere Leistungserbringer an der Erbringung der Leistung mitgewirkt haben. Die beteiligten Leistungserbringer sind in diesem Fall Gesamtgläubiger hinsichtlich der Hybrid-DRG. Die Aufteilung der Vergütung bleibt damit den mitwirkenden Leistungserbringern überlassen.

Die Leistungen dürfen von allen nach § 95 Absatz 1 Satz 1 SGB V sowie § 108 SGB V an der Versorgung teilnehmenden Leistungserbringern erbracht werden, die die für das ambulante Operieren nach § 115b Absatz 1 Satz 5 SGB V geltenden Qualitätsvoraussetzungen erfüllen. Damit kommen neben Krankenhäusern insbesondere ambulante Operationszentren, Praxiskliniken, medizinische Versorgungszentren sowie Vertragsärzte als Leistungserbringer in Frage. Auch belegärztlich tätige Vertragsärzte sowie ermächtigte Ärzte und Einrichtungen werden in der Verordnung explizit genannt.

Die Übermittlung von Leistungsdaten zur Abrechnung der Vergütung mit den Krankenkassen wird in der Hybrid-DRG-Verordnung nicht geregelt. Hierfür sollen §§ 295 Abs. 1b und 301 Abs. 1 SGB V entsprechend gelten.

Zur Hybrid-DRG Umsetzungsvereinbarung für Krankenhäuser

Mit der Hybrid-DRG Umsetzungsvereinbarung vom 06.02.2024 haben sich der GKV-Spitzenverband und die DKG auf die wesentlichen Regelungen für die Abrechnung von Hybrid-DRG durch Krankenhäuser für das Jahr 2024 geeinigt. Die Vereinbarung ist mit Wirkung zum 01.01.2024 in Kraft getreten und gilt für Hybrid-DRG-Fälle mit Aufnahme vom 01.01.2024 bis zum 31.12.2024. Sie enthält im Wesentlichen die Folgenden Regelungen:

Eine Abrechnung für die in der Anlage 1 der Hybrid-DRG-Verordnung genannten Leistungen über die Vergütungssystematik für Leistungen des Vertrages nach § 115b SGB V (AOP-Vertrag) ist ausgeschlossen.

Zur Verschlüsselung der Fälle sind die Regelungen der Deutschen Kodierrichtlinien in der jeweils aktuellen Fassung einschlägig. Für die Eingruppierung ist der Tag der Aufnahme in das Krankenhaus entscheidend.

Die Abrechnung der Hybrid-DRG erfolgt über den Datenaustausch nach § 301 Absatz 3 SGB V. Für Hybrid-DRG-Fälle mit Aufnahmedatum bis zum 30.04.2024 nehmen Krankenkassen ab dem 15.02.2024 eine Zwischenabrechnung dieser Leistungen mit dem Aufnahmegrund (‚01‘ „Krankenhausbehandlung, vollstationär“) und gesonderter Kennzeichnung an. Diese Zwischenrechnung ist ab dem Beginn einer regulär möglichen Abrechnung im Nachgang bis 31.08.2024 endabzurechnen.

Für Hybrid-DRG-Fälle mit Aufnahmedatum ab dem 01.05.2024 ist zur Abrechnung ein gesondert zu vereinbarender neuer Aufnahmegrund (‚12‘ „Krankenhausbehandlung nach § 115f SGB V“) zu verwenden.

Wenn ein Patient, für den eine Hybrid-DRG abrechenbar ist, am Tag der Entlassung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Leistungserbringung zur vollstationären Krankenhausbehandlung wiederaufgenommen wird, sind die Falldaten der Aufenthalte zusammenzufassen. Das sich aus der Neugruppierung der zusammengefassten Falldaten ergebende Entgelt ist dann entsprechend der maßgeblichen vergütungsrechtlichen Vorgaben abzurechnen.

Pflegekosten der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen sind in der Kalkulation der Hybrid-DRG unberücksichtigt geblieben. Aus diesem Grund bleibt das Pflegebudget gemäß § 6a KHEntgG des Krankenhauses durch die Abrechnung der Hybrid-DRG unberührt.

Die Zuzahlungsregelungen für vollstationäre Krankenhausbehandlung gemäß § 39 Absatz 4 SGB V finden bei der Abrechnung von Leistungen nach der Hybrid-DRG-Verordnung keine Anwendung.

Das Entlassmanagement gemäß § 39 Absatz 1a SGB V ist Bestandteil der Leistungserbringung nach der Hybrid-DRG-Verordnung.

Die von den Krankenhäusern auf Grundlage der Hybrid-DRG-Verordnung erbrachten und in Rechnung gestellten Leistungen sind von den Krankenkassen innerhalb von fünf Tagen nach § 415 Satz 1 SGB V nach Rechnungseingang zu begleichen.

Zur Hybrid-DRG Abrechnungsvereinbarung für Vertragsärzte, MVZ & Co.

Mit der Hybrid-DRG-Abrechnungsvereinbarung haben sich der GKV-Spitzenverband und die Kassenärztliche Bundesvereinigung auf die wesentlichen Regelungen für die Abrechnung von Hybrid-DRG durch vertragsärztliche Leistungserbringer geeinigt. Die Vereinbarung gilt für die Abrechnung von Leistungen ab dem 01.01. 2024.

Demnach sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer, die eine Abrechnungsgenehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung nach der Qualitätssicherungsvereinbarung ambulantes Operieren gemäß § 135 Absatz 2 SGB V nachweisen, zur Durchführung und Abrechnung der Leistungen berechtigt.

Wie auch im stationären Bereich sind für die Verschlüsselung der Fälle die Regelungen der Deutschen Kodierrichtlinien in der jeweils aktuellen Fassung einschlägig.

Die Übermittlung der Rechnungen für Leistungen nach der Hybrid-DRG-Verordnung erfolgt im Wege der elektronischen Datenübermittlung. Die technische und organisatorische Form der Datenübermittlung sowie die mit der Rechnung zu übermittelnden Angaben zu den Leistungen nach der Hybrid-DRG-Verordnung sind in einer Technischen Anlage (Anlage 2 zur Hybrid-DRG-Abrechnungsvereinbarung) festgelegt.

Technisch fehlerhafte oder unvollständige Angaben sind von der Krankenkasse umgehend nach erfolgreicher Übermittlung zu beanstanden. Die Übermittlung der Abrechnung soll spätestens sechs Monate nach Beendigung eines Hybrid-DRG-Abrechnungsfalls erfolgen. Als Übermittlungsdatum ist der Zeitpunkt des Eingangs der Daten bei der Krankenkasse bzw. bei der beauftragten Datenannahmestelle festgelegt. Erfolgt keine Beanstandung durch die Krankenkasse im Rahmen des Fehlerverfahrens der Anlage 2, beträgt die Zahlungsfrist für die Krankenkasse 21 Tage nach Eingang der Rechnung. Wird die Zahlungsfrist überschritten, sind Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Krankenkassen haben die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Rechnung unmittelbar nach Eingang zu prüfen. Die Krankenkassen prüfen die Abrechnung und die Wirtschaftlichkeit sowie die Qualität der Leistungserbringung und können hiermit eine Arbeitsgemeinschaft oder den Medizinischen Dienst beauftragen. Zur Beanstandung von Leistungen im Rahmen der Übergangsregelung wird zunächst das Verfahren nach § 106d Absatz 6 SGB V analog angewendet. Hierzu verständigen sich die Vereinbarungspartner bis zum 30. Juni 2024.

Nach § 115f Absatz 3 Satz 3 SGB V können Leistungserbringer die Kassenärztliche Vereinigung oder Dritte gegen Aufwandsersatz mit der Abrechnung der Leistungen der Hybrid-DRG-Verordnung beauftragen. Die Abrechnung erfolgt dann mittels Quartalsabrechnung über die Kassenärztliche Vereinigung.

Für die Abrechnung der Hybrid-DRG benötigen Vertragsärzte zwingend eine Grouper-Software. Die Daten aus der Software sind spätestens ab 2025 auch an die Krankenkassen zu übermitteln, die die Daten anschließend für die Abrechnungsprüfung nutzen können.

In der Übergangszeit erfolgt die Abrechnung über sogenannte Pseudo-Gebührenordnungspositionen (GOP).

Einschätzung

Durch die Einführung der Hybrid-DRG unternimmt der Gesetzgeber weitere Maßnahmen, stationäre Fallzahlen zu reduzieren und die Ambulantisierung von Eingriffen voranzutreiben. Ob damit tatsächlich ein "innerärztlicher Verteilungskampf" eröffnet wird (so, wie es auch bei den sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen bzw. Level 1i-Krankenhäuser nach der Krankenhausreform befürchtet wird), bleibt abzuwarten.

Hybrid-DRG werden zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen. Es ist davon auszugehen, dass der Leistungskatalog nach den ersten Evaluierungen deutlich ausgeweitet wird. Für Krankenhausträger wird die Abnahme stationärer Behandlungsfälle und die Abrechnung nach Hybrid-DRG wirtschaftliche Nachteile gegenüber der bisherigen DRG-Vergütung mit sich bringen. In den von einer Hybrid-DRG erfassten Fällen besteht aber keine Alternative. Daher sollten Krankenhausträger die maßgeblichen Fälle daraufhin überprüfen, ob eine stationäre Leistungserbringung noch ausreichend finanziert ist. Außerdem ist davon auszugehen, dass diese Fälle bei den Abrechnungsprüfungen durch die Krankenkassen und den MD zukünftig eine wesentliche Rolle spielen werden.

Für Krankenhausträger, die über eigene MVZ-Strukturen verfügen, und niedergelassene Leistungserbringer ergeben sich hier neue Chancen, Erlöse oberhalb der EBM Vergütung zu erzielen.

Vertragsärzte und MVZ, die Hybrid-DRG abrechnen wollen, werden sich zukünftig im Rahmen von Abrechnungsprüfungen mit den Deutschen Kodierrichtlinien und damit zusammenhängenden Rechtsfragen auseinandersetzen müssen. Zusätzlich wird der Einsatz einer Grouper-Software erforderlich werden, der bislang nur im stationären Bereich notwendig war. Nach Überweisung sollen Begleitleistungen von niedergelassenen Ärzten, die die nicht in derselben Einrichtung tätig sind, regulär abgerechnet werden können.

Viele Fragen für die Praxis stellen sich im Zusammenhang mit der angeordneten Gesamtgläubigerschaft mehrerer Leistungserbringer einer Hybrid-DRG, da die Aufteilung den beteiligten Leistungserbringern selbst überlassen bleibt.

Sprechen Sie uns gern an, wenn Sie Fragen zu den neuen Hybrid-DRG haben oder schreiben Sie direkt eine E-Mail.