Die Ausgangslage
In dem vom VII. Zivilsenats des BGH zu entscheidenden Fall hatte der Kläger, nachdem er in erster Instanz obsiegt und die vollen Kosten zugesprochen bekommen hatte, einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt. Im folgenden Berufungsverfahren verglichen sich die Parteien – der Kläger sollte 7%, der Beklagte 93% der gesamten Verfahrenskosten tragen. Im Kostenfestsetzungsverfahren sprach das Landgericht eine Verzinsung des (nunmehr reduzierten) Kostenerstattungsanspruchs des Klägers nur ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrags in zweiter Instanz aus. Auf die Beschwerde des Klägers hob das Oberlandesgericht den Beschluss auf und sprach dem Kläger Zinsen ab Eingang des auf das Urteil erster Instanz gestellten Kostenfestsetzungsantrages zu, der immerhin knapp ein Jahr zuvor eingegangen war.
Die Auffassung des OLG: Zinsen ab Eingang des KFA erster Instanz…
Das Oberlandesgericht stützte seine Entscheidung auf die vom X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätze zur Verzinsung des Kostenerstattungsanspruchs bei Abänderung einer Kostengrundentscheidung im Rechtsmittelverfahren: Der X. Zivilsenat hatte in seinem Beschluss vom 20.12.2005 (X ZB 7/05) entschieden, dass bei einer teilweisen Abänderung der Kostenquote in zweiter Instanz die Kostengrundentscheidung erster Instanz hinsichtlich des nicht abgeänderten Teils weiterhin Gültigkeit habe und ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrags erster Instanz zu verzinsen sei. In Fortsetzung dieser Rechtsprechung hatte er in seiner Entscheidung vom 22.09.2015 (X ZB 2/15) bejaht, dass dies auch dann gelte, wenn die zugunsten eines Beklagten ergangene Kostengrundentscheidung infolge einer Klagerücknahme in zweiter Instanz wirkungslos werde. Bis zur Entscheidung des VII. Zivilsenats war obergerichtlich umstritten, ob diese Grundsätze auch auf den Prozessvergleich in zweiter Instanz übertragen werden können.
… wurde durch den BGH nicht geteilt
Im Rechtsbeschwerdeverfahren schloss sich der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs der Auffassung des Landgerichts an und hob die obergerichtliche Entscheidung auf. Der Erstattungsanspruch sei erst ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrags nach dem Vergleich in zweiter Instanz zu verzinsen.
Mit dem Vergleich zweiter Instanz hätten die Prozessparteien ihre Beziehung neu geregelt. Der Vergleich bilde eine Zäsur, der die Beendigung des Rechtsstreits vom bisherigen Prozessergebnis entkopple. Eine Verzinsung des Kostenerstattungsanspruchs aufgrund der Kostengrundentscheidung erster Instanz könne nur dann erfolgen, wenn die Parteien hierzu eine Regelung im Vergleich träfen. Die Erstattung von Prozesskosten nebst Zinsen könnten gemäß §§ 104 Abs. 1 S. 2, 103 ZPO, 247 BGB nur aufgrund eines Titels verlangt werden, der eine zumindest vorläufig vollstreckbare Kostengrundentscheidung enthalte. Hierbei könne sich der Kläger nicht auf die Kostengrundentscheidung erster Instanz stützen – diese sei durch den Vergleich ersetzt worden.
Daher liege eine zur Prozesskostenerstattung berechtigende Kostengrundentscheidung erst durch den in zweiter Instanz abgeschlossenen Vergleich vor.
Folgen für die Praxis
Für die anwaltliche Praxis bedeutet dies, dass bei der Abfassung eines Vergleichs in zweiter Instanz auf eine Vereinbarung zu achten ist, wonach eine für den Mandanten günstige Kostengrundentscheidung erster Instanz weiterhin Gültigkeit hat. Selbst wenn sich die Parteien am Ende gegen die Aufnahme einer entsprechenden Regelung in den Vergleich entscheiden, hat man zusätzliche „Verhandlungsmasse“ gewonnen. In jedem Fall gilt, dass der Mandant auf den möglichen Verlust etwaiger Zinsansprüche hinzuweisen ist, wenn keine Regelung getroffen wird.
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