Endlich Exit! Aber waren die steuerlichen Konsequenzen im Falle eines Asset Deal bereits mitgedacht?

9. Februar 2021

Oft hält der Investor (wir gehen beispielhaft von einer natürlichen Person mit steuerlicher Ansässigkeit in Deutschland aus) über eine Beteiligungskapitalgesellschaft (z.B. Holding-UG) eine vergleichsweise geringe Beteiligung an der Zielgesellschaft seiner Investition (die „Gesellschaft“). Sein eigener Einfluss wird dann in aller Regel in einer Beteiligungs- und/oder Gesellschaftervereinbarung z.B. über gesonderte Zustimmungsvorbehalte und laufende Berichtspflichten gesichert.

Der finanzielle Betrag des Investors wird typischerweise abzüglich des Nennbetrags für die erhaltenen Anteile als „Agio“ in die freie Kapitalrücklage der Gesellschaft nach § 272 Absatz 1 Nummer 4 HGB eingelegt.

Erfolgt später ein Exit über einen sog. Asset-Deal, d.h. im Wege einer Veräußerung sämtlicher oder der wesentlichen Wirtschaftsgüter der Gesellschaft, realisieren sich die Exit-Erlöse zunächst auf Ebene der Gesellschaft und erst im Rahmen einer anschließenden Ausschüttung bei dem Investor bzw. bei dessen Holding-UG. Für unseren Investor führt der Asset-Deal dann zu zwei steuerlichen Problemfeldern:

Streubesitzbeteiligung

Bei einer Beteiligung an der Gesellschaft über ein Holding-UG von weniger als 15% (bzw. von weniger als 10% im Falle einer Befreiung von der Gewerbesteuer) unterliegen die ausgeschütteten Dividenden als sog. Streubesitz in vollem Umfang der Besteuerung auf Ebene der Holding-UG des Investors. Eine Steuerbefreiung der Dividenden von effektiv 95% wie bei einem Share-Deal oder im Falle einer Beteiligungsquote von mindestens 15% (bzw. 10%) ist bei Streubesitz trotz etwaiger Sonderrechte aus der Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung ausgeschlossen. Dies führt zu einer zusätzlichen Ertragssteuerbelastung auf Ebene der Holding-UG von vereinfacht etwa 30%. Eine Besteuerung der Asset-Erlöse findet dann auf Ebene der Gesellschaft (30% auf den Veräußerungsgewinn der Assets), auf Ebene der Holding-UG (30% auf den Ausschüttungsbetrag) und auf Ebene des Investors (bis zu 28% auf die Ausschüttung aus der Beteiligungsgesellschaft) statt. Kumuliert betrachtet, würde damit ein Exit-Erlös aus einem Asset-Deal bis zu einer Realisierung der Erlöse im privaten Vermögen des Investors bei vereinfachter Rechnung mit 65% besteuert.

Steuerfreie Einlagerückgewähr

Ein weiteres Problem ergibt sich aus einer Rückzahlung des ursprünglichen Agios des Investors im Rahmen einer vollständigen Ausschüttung des Bilanzgewinns (Gesellschaftsvermögens) oder einer Liquidation nach dem Asset Deal. Grundsätzlich werden die Einlagen in die freie Kapitalrücklage bei einer Ausschüttung als Einlagenrückgewähr nicht versteuert. Denn die Einlagen stammen aus bereits versteuertem Vermögen, so dass eine erneute Besteuerung nicht opportun ist. Dies gilt uneingeschränkt auch für das Agio unseres Investors.

Um eine steuerfreie Einlagenrückgewähr zu gewährleisten, hat die Finanzverwaltung eine komplexe Regelung entwickelt. Vereinfacht gesagt, wird in der Gesellschaft in einem sogenannten steuerlichen Einlagekonto ein Merkposten für alle Einlagen der Gesellschafter in die Kapitalrücklage gepflegt. Auch das Agio unseres Investors wird hier erfasst. Nach Ausschüttung aller Gewinne sowie der Gewinn- und sonstigen Rücklagen bildet sich aus diesem steuerlichen Einlagekonto die Höhe der steuerfreien Einlagenrückgewähr.

Allerdings besteht nach den gesetzlichen Regelungen zum steuerlichen Einlagekonto für den Investor bei einem Asset-Deal die Gefahr, dass er von der steuerfreien Einlagerückgewähr seines Agios nur anteilig in Höhe seines Exit-Anteils profitiert. Der dann noch verbleibende Teil des steuerfreien Rückzahlungspotentials aus seinem Agio kommt den übrigen Gesellschaftern anteilig zugute. Denn die gesetzliche Regelung zur Einlagenrückgewähr geht von einer anteiligen Aufteilung des im steuerlichen Einlagekonto vermerkten Volumens auf die Gesellschafter gemessen an deren Ausschüttungsanteilen aus. Eine gewillkürte Verteilung der Einlagerückgewähr unter den Gesellschaftern unabhängig vom Ausschüttungsanteil lässt sich aus dem Gesetz nicht ableiten. Das ist deswegen problematisch, weil Investoren typischerweise im Vergleich zu den Gründern deutlich überproportional Agio eingebracht haben. Die Gründer haben nämlich im Wesentlich die Idee und Ihre Arbeitskraft eingebracht und oft gar kein Agio.

Bei einem Investment mit einem Agio in Höhe von bspw. TEUR 200 und einem Exit-Anteil von 5% wären für den Investor danach lediglich TEUR 10 aus seinem Exit-Anteil als Einlagerückgewähr steuerfrei. Sein übriger Exit-Anteil wäre voll zu versteuern. Vergegenwärtigt man sich, dass der Investor aber TEUR 200 versteuertes Vermögen eingesetzt hat, steht dieses Ergebnis den natürlichen und berechtigten Interessen des Investors entgegen. Ihm müsste eigentlich eine steuerfreie Einlagerückgewähr in Höhe seines Agios (TEUR 200) zustehen.

Dieses interessenswidrige Ergebnis lässt sich auch nicht über etwaige Liquidationspräferenzen kompensieren, also Regelungen nach denen etwaige Veräußerungserlöse (Exiterlöse) zunächst bevorzugt an bestimmte Gesellschafter (meist die Investoren) verteil werden. Schließlich verschieben Liquidationspräferenzen lediglich die Ergebnisverteilung zu Gunsten des Investors. Für eine Einlagenrückgewähr bleiben nur die Quoten nach den vertraglichen Erlösverteilungsmechanismen relevant. Eine volle Einlagerückgewähr auf sein Agio ist für den Investor danach also nur erreichbar, wenn ihm aus seiner Liquidationspräferenz 100% des Exit-Erlöses und damit auch 100% der steuerfreien Einlagerückgewähr zustehen – bspw. wenn der Exit-Erlös gerade die Liquidationspräferenz abdeckt. Je höher aber der Exit-Erlös ausfällt, desto stärker verwässert die Wirkung der Liquidationspräferenz auf den Exit-Anteil des Investors und damit auch der Anteil des Investors an der steuerfreien Einlagerückgewähr.

Es besteht also Regelungsbedarf, um diese Ergebnisse zu vermeiden.

Lösungsmöglichkeiten

Die steuerlichen Folgen für den Investor sollten in den Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarungen gesondert reguliert werden.

Als etwas hemdsärmelige Lösung wäre eine Umsetzung der Erlösverteilung in mehreren Teilausschüttungen mit unterschiedlichen Quoten denkbar.

Eleganter ist sicherlich eine gesonderte Put-Option des Investors im Falle eines Asset-Deals gegenüber den übrigen Gesellschaftern. Diese berechtigt den Investor seine sämtlichen GmbH-Anteile im Asset-Deal pro rata an die zum Kauf verpflichteten übrigen Gesellschafter zu verkaufen. Ein besonderes Augenmerk wird bei einer solchen Put-Option auf einer sachgerechten Preisgestaltung liegen. Durch eine solche Put-Option wechselt der Investor in die Steuersystematik eines Share-Deals, also in die vereinfachten Regelungen zum Verkauf von GmbH-Anteilen, und kann damit sowohl das Problem von Streubesitz (Ziffer 1) als auch das Problem der interessenswidrigen Verteilung einer Einlagenrückgewähr (Ziffer 2) vermeiden. Bei dem Verkauf von Geschäftsanteilen sind die Streubesitzregelungen nach gegenwärtigem Recht nicht relevant und ein Bedarf für eine steuerfreie Einlagerückgewähr besteht nicht mehr.