Medizinrecht - Mietrecht

Praxismietverträge - Wichtige Klauseln und häufige Fehler

Der Praxismietvertrag ist für den erfolgreichen Betrieb einer Arztpraxis von erheblicher Bedeutung. Fehler in der Gestaltung oder die Nichtbeachtung von Formalien können katastrophale wirtschaftliche Konsequenzen für (Vertrags-)Ärzte haben, wenn beispielsweise das Fehlen einer korrekt formulierten Nachfolgeklausel dazu führt, dass eine Praxisnachfolge nicht umgesetzt werden kann. Verweigert der Vermieter in einem solchen Fall, den Abschluss eines neuen Mietvertrages mit dem gewünschten Praxisnachfolger, kann eine vertragsarztrechtliche Praxisnachfolge scheitern und den wirtschaftlichen Wert der Arztpraxis vernichten. Daher sind schon beim Abschluss des Praxismietvertrages viele Punkte zu bedenken, die vielleicht erst in der Zukunft der Praxis eine Rolle spielen. Wenn in einem Mietvertrag Regelungen zu einzelnen Aspekten fehlen, kann der Mietvertrag natürlich nachverhandelt werden. In einem solchen Fall ist der Praxisinhaber aber auf die Verhandlungsbereitschaft des Vermieters angewiesen.

Im Folgenden geben wir Ihnen einen Überblick über die wesentlichen Punkte, die in einem Praxismietvertrag geregelt werden sollten:

Parteien des Mietvertrages

In einem Praxismietvertrag ist unbedingt genau auf die richtige Benennung der Vertragsparteien zu achten. Bei Mietverträgen von Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) kann die Nichtbeachtung dieser vermeintlichen Formalie dazu führen, dass nur der ausdrücklich benannte Arzt Partei des Mietvertrages ist und andere Ärzte der BAG unfreiwillige Untermieter des Mitgesellschafters werden. Für diese Ärzte hat dies zur Folge, dass sie sich in totaler Abhängigkeit des Mitgesellschafters befinden, da diese ein Untermietverhältnis bei Fehlen anderweitiger Regelungen jederzeit kündigen können - mit existenzvernichtenden Folgen für den betroffenen Arzt. Eine solche Situation kann erfahrungsgemäß bei Gesellschafterstreitigkeiten in Berufsausübungsgemeinschaften entstehen.

Für den Arzt, der tatsächlich Partei des Mietvertrages geworden ist, besteht ein wirtschaftliches Risiko darin, dass er grundsätzlich allein Anspruchsgegner des Vermieters wäre und z.B. für den vollen Mietzins alleine haftet.

Es besteht aber auch für die BAG selbst ein erhebliches Risiko wegen der Nichteinhaltung der richtigen Formalia: Wenn es zwischen der BAG oder einzelnen Ärzten einer BAG und dem Vermieter zu Streitigkeiten kommt, kann sich der Vermieter unter Umständen auf eine unerlaubte Untervermietung der Praxisräume berufen und das Mietverhältnis mit der BAG kündigen. Gegen die Wirksamkeit einer solchen Kündigung finden sich zwar gute Argumente, aber es ist ungewiss, ob diese letztendlich vor Gericht Bestand haben. Außerdem sollte ein solcher belastender Schwebezustand möglichst vermieden werden.

Veränderungen auf der Gesellschafterebene können natürlich auch bei Ausscheiden eines Arztes aus einer GbR für das Mietverhältnis von Relevanz sein. Außerdem kann ein Mietvertrag, der von einer GbR abgeschlossen wurde, nur von allen Gesellschaftern gemeinsam gekündigt werden. Verweigert ein Mitgesellschafter die Kündigung, wird das Mietverhältnis nicht automatisch allein mit diesem fortgesetzt. Stattdessen ist die Kündigung insgesamt unwirksam und das Mietverhältnis besteht weiterhin zwischen dem Vermieter und der gesamten GbR.

Die dargestellte Problematik kann sich natürlich auch bei Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), die in der Rechtsform einer GbR betrieben werden, stellen.

Bei Praxisgemeinschaften und Organisationsgemeinschaften sind weitere Besonderheiten zu beachten, je nachdem, ob mehrere Mietverhältnisse zwischen dem Vermieter und den einzelnen Ärzten abgeschlossen werden sollen oder ob ein einheitliches Mietverhältnis begründet werden soll. Mehrere Mietverhältnisse haben zwar den Vorteil, dass sie individuell gestaltet und auch gekündigt werden können, dem einzelnen Arzt fehlen dann aber Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten bezüglich einzelner Praxisräume. Ein einheitliches Mietverhältnis hat den Nachteil, dass der einzelne Arzt dieses nicht ohne Mitwirkung des oder der übrigen Ärzte der Praxisgemeinschaft bzw. Organisationsgemeinschaft kündigen kann.

Nachfolgeklauseln und Erweiterungsklauseln

Wenn ein Arzt einen weiteren Arzt in seine Praxis aufnehmen möchte (z.B. im Rahmen einer geplanten Praxisnachfolge durch Begründung einer BAG, beim Job-sharing für eine Neuzulassung oder durch eine einfache Praxiserweiterung), kann das Fehlen einer Erweiterungs- oder Nachfolgeklausel im Mietvertrag die Umsetzung eines solchen Vorhabens gänzlich verhindern. Die zulassungsrechtliche Genehmigung und die mietrechtliche Erlaubnis sind getrennt zu betrachten. In der Folge kann eine Nachverhandlung des Mietvertrages mit dem Vermieter erforderlich werden, der die Zustimmung zur Praxiserweiterung oder Praxisnachfolge ganz verweigern kann oder möglicherweise mit einer Mieterhöhung verknüpft.

Besondere Anforderungen an die Mieträume

Selbstverständlich müssen die Mieträume zum Betrieb einer Arztpraxis geeignet sein. Dabei ist aber zu beachten, dass der Betrieb einer Arztpraxis ganz individuelle Anforderungen die Mietsache stellt, die mietvertraglich geregelt werden sollten.

Grundsätzlich ist im Praxismietvertrag ausdrücklich zu regeln, dass der Betrieb einer Arztpraxis mit entsprechendem Patientenaufkommen genehmigt ist. Viele Formularmietverträge enthalten pauschale Klauseln, die zu Streitigkeiten über den Umfang der erlaubten Tätigkeiten führen können. Es ist darauf zu achten, dass ggfs. auch Nebentätigkeiten wie z.B. Labortätigkeiten erlaubt sind.

Im Hinblick auf bauliche Veränderungen, die an den Mieträumen erforderlich werden können, ist darauf zu achten, dass diese mietvertraglich genehmigt werden. Ohne Regelung hierzu, kann ein Vermieter die Zustimmung zum Umbau verweigern und damit einen reibungslosen Praxisbetrieb beeinträchtigen. Mit der Genehmigung von Umbaumaßnahmen geht oftmals eine Verpflichtung zum Rückbau einher. Für die Modernisierung von Praxisräumen kann ggfs. ein Baukostenzuschuss mit dem Vermieter ausgehandelt werden.

Wenn der Vermieter seinerseits Umbau- oder Modernisierungsmaßnahmen durchführen möchte, kann ein Praxisinhaber zur Duldung solcher Maßnahmen verpflichtet sein. Unter Umständen wird der Praxisbetrieb durch solche Maßnahmen aber so erheblich beeinträchtigt, dass die Grenzen der Duldung überschritten werden. Hieraus können ein Sonderkündigungsrecht und Schadensersatzansprüche des Praxisinhabers entstehen (BGH, Urteil vom 31.10.2012 - XII ZR 126/11).

Besonderheiten zum Praxisschild

Grundsätzlich sind Ärzte auch ohne ausdrückliche Vereinbarungen im Mietvertrag dazu berechtigt, ein Praxisschild zu verwenden, da nach § 17 Abs. 4 der (Muster-) Berufsordnung der Praxissitz durch ein Praxisschild kenntlich zu machen ist. Zur Gestaltung eines Praxisschildes existieren keine Vorschriften - solange das Praxisschild alle Pflichtangaben enthält und nicht für berufswidrige Werbung genutzt wird.

Um Streitigkeiten über die Gestaltung des Praxisschildes zu vermeiden, empfiehlt es sich, Regelungen dazu im Mietvertrag zu treffen. Es sollte auch geregelt werden, ob und wie lange nach einer Praxissitzverlegung ein Hinweisschild auf die neuen Praxisräume belassen werden darf.

Laufzeit des Mietvertrages

Anders als im Wohnraummietrecht, gibt es im Gewerberaummietrecht, welches für Praxismietverträge gilt, keinen besonderen Kündigungsschutz bei Mietverträgen mit unbestimmter Mietdauer. Eine ordentliche Kündigung ist nach § 580a BGB jederzeit zum dritten Werktag eines Kalendervierteljahres bis zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres möglich. Die Kündigungsfrist beträgt also mindestens sechs und höchstens neun Monate. Da die vertragsärztliche Zulassung grundsätzlich an den Praxissitz gebunden ist, kann eine Kündigung des Vermieters mit einer solchen kurzen Frist zum Verlust der Zulassung führen und somit existenzbedrohend sein. Es empfiehlt sich daher feste Mietlaufzeiten mit entsprechenden Verlängerungsoptionen für die Praxisinhaber bzw. individuelle Kündigungsfristen von Anfang an zu vereinbaren. Im Regelfall werden feste Laufzeiten von fünf bis zehn Jahren vereinbart und Verlängerungsoptionen für den Mieter von jeweils fünf Jahren.

Konkurrenzschutzklauseln

Für Ärzte ist es empfehlenswert, eine Konkurrenzschutzklausel im Mietvertrag zu vereinbaren. Durch eine solche Klausel kann zwar nicht vermieden werden, dass der Vermieter anderen Ärzten der gleichen Fachrichtung eine Praxiseröffnung im gleichen Gebäude ermöglicht, eine Konkurrenzschutzklausel kann aber als Grundlage für mögliche Schadensersatzansprüche herangezogen werden. Aber auch, wenn ein Praxismietvertrag keine Konkurrenzschutzklausel enthält, hat der Arzt direkte Konkurrenz in der unmittelbaren Nähe seiner Praxis nicht zwangsläufig hinzunehmen. Das Vorhandensein einer Praxis der gleichen Fachrichtung im gleichen Gebäude kann einen Mangel der Mietsache darstellen und zur Minderung der Miete berechtigen und Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter begründen, wenn die Konkurrenzsituation den Mietgebrauch wesentlich beeinträchtigt (BGH, Urteil vom 10.10.2012 - XII ZR 117/10). Fehlt eine Konkurrenzschutzklausel im Praxismietvertrag kann aber streitig werden, ob eine andere Arztpraxis als direkter Mitbewerber des Mieters gilt und wie weit der Konkurrenzschutz geht.

Sonderkündigungsrechte

Die anfänglich fest vereinbarte Laufzeit eines Praxismietvertrages stellt zwar eine wichtige Sicherheit für den Praxisinhaber dar, sie kann im Todesfall, bei krankheitsbedingter Aufgabe der Praxis ohne Nachfolger oder Verlust der vertragsärztlichen Zulassung aber auch wirtschaftliche Nachteile für den Arzt oder dessen Erben mit sich bringen, weil der Mietzins für die vereinbarte Mietdauer unabhängig vom Betrieb der Arztpraxis weiter zu zahlen ist. Für solche Fälle ist bereits bei Abschluss des Mietvertrages an die Vereinbarung von Sonderkündigungsrechten zu denken.

Formerfordernisse

Nach §§ 578, 550 BGB müssen Praxismietverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr schriftlich geschlossen werden. Anderenfalls gelten sie für unbestimmte Zeit und können zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung der Praxisräume gekündigt werden. Unabhängig davon, ist es grundsätzlich empfehlenswert, mietvertragliche Vereinbarungen, Änderungen und Nachträge zum Mietvertrag schriftlich zu dokumentieren. So können später Meinungsverschiedenheiten leichter beigelegt werden und die getroffenen Absprachen bewiesen werden.

Sofern in einem Praxismietvertrag ein Vorkaufsrecht vereinbart wird, muss der gesamte Vertrag notariell beurkundet werden. Wenn dieses Formerfordernis nicht eingehalten wird, ist im Zweifelsfall der gesamte Vertrag nichtig.

In Anbetracht der weitreichenden Konsequenzen, empfiehlt es sich für Ärzte und andere Angehörige von Heilberufen, bei der Verhandlung und dem Abschluss von Praxismietverträgen anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. SKALING steht steht Ihnen in allen mietrechtlichen und medizinrechtlichen Fragen mit umfassender Expertise zur Seite. Sprechen Sie uns an.

Für Ihre Fragen stehen wir Ihnen gern telefonisch zur Verfügung. Sie können uns auch direkt eine E-Mail schreiben:

Johann Christoph Schaper

Maximilian Jürgens