BGH: Zu erwartende Einsparung von Endenergie begründet ein Recht auf Mieterhöhung

16. Juli 2025

Zu viel gezahlt oder doch zu viel verbraucht?

Im Jahre 2017 kündigte die Vermieterin den Mietern eines Mehrfamilienhauses den erstmaligen Einbau einer Gaszentralheizung einschließlich zentraler Warmwasseraufbereitung an, die die bisher eingebauten Einzelöfen ersetzen sollten. Nach der Durchführung der angekündigten Arbeiten erklärte die Vermieterin den Mietern eine Erhöhung der Grundmiete – die die Mieter bis zum Ende der Mietverhältnisse auch zahlten. Mit ihrer Klage wollten die Mieter nun infolge der Modernisierungsmieterhöhung angeblich zu viel gezahlte Mieten zurückfordern – denn der Verbrauch der Endenergie habe sich tatsächlich nicht verringert. Amts- und Landgericht gaben der Klage nach sachverständiger Begutachtung statt. Das Landgericht führte aus, dass es für die Bejahung einer nachhaltigen Einsparung von Endenergie erforderlich sei, die den tatsächlichen Energieverbrauch über einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren (!) zu erfassen.

Wann darf die Miete aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen erhöht werden?

Gemäß § 559 Abs. 1 BGB kann ein Vermieter die jährliche Miete erhöhen, wenn er Modernisierungsmaßnahmen durchführt. Diese Erhöhung ist – nach der bis Ende 2018 geltenden und für diesen Fall anzuwendenden Fassung – um bis zu 11 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten möglich. Mittlerweile liegt dieser Wert bei 8 Prozent und ist durch eine Kappungsgrenze limitiert.

Die zur Mieterhöhung berechtigenden Modernisierungen sind in § 555b Nr. 1, 3, 4, 5 und 6 BGB aufgeführt.

In diesem Falle handelte es sich um eine energetische Modernisierung im Sinne von § 555b Nr. 1 BGB. Die nach § 555b BGB erforderliche „bauliche Veränderung“ umfasst nach ständiger Rechtsprechung allerdings nicht nur eine Anpassung der baulichen Substanz, sondern auch bereits Veränderungen der Anlagentechnik, wie es hier mit dem Einbau einer Gaszentralheizung geschehen ist.

Es zählt allein die erwartbare Einsparung der Endenergie

Waren das Amts- und Landgericht der vorherigen Instanzen noch der Überzeugung, eine nachhaltige Einsparung von Endenergie könne allein anhand des tatsächlichen Verbrauchs in dem Gebäude festgestellt werden, erteilte der BGH dem eine deutliche Absage. Eine Mieterhöhung ist demnach bereits gerechtfertigt, wenn nach Abschluss der zu Modernisierungszwecken vorgenommenen Arbeiten zum Zeitpunkt der Mieterhöhungserklärung durch die erfolgte bauliche Veränderung eine messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten ist. Dabei kann ausdrücklich auch auf anerkannte Pauschalwerte zurückgegriffen werden. Eine sonstige Beurteilung obliegt dem Tatrichter unter möglicher Zuhilfenahme sachverständiger Hilfe. So ist seitens des Vermieters lediglich eine plausible, technisch fundierte Erwartung von Einsparungen erforderlich.

BGH: Die Umgehung der Mietrechtssystematik und dessen Anreiz zur Sanierung

Dabei führt der BGH außerdem aus, dass der tatsächliche Verbrauch schon deshalb kein tauglicher Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der Wirksamkeit der Modernisierungsmaßnahme ist, da dieser stark von Faktoren wie dem individuellen Nutzverhalten, von Witterungsbedingungen oder auch der Bewohnerzahl abhängt – Faktoren, die der Vermieter kaum beeinflussen kann. Dabei haben die Modernisierungsvorschriften den Zweck, einen Anreiz für (energetische) Sanierung zu schaffen, indem die Kosten rechtmäßig teilweise auf den Mieter umgelegt werden können. Dieser Anreiz besteht nicht, wenn der Vermieter damit rechnen muss, dass sich die Modernisierungsmieterhöhung nach mehrjähriger tatsächlicher Nutzung als unwirksam herausstellt und er auf den Kosten für die Modernisierung sitzen bleibt. Die Auffassung des Landgerichts führe zu einer faktischen Sperrfrist für die Geltendmachung der Modernisierungsmieterhöhung von mehreren Jahren. Dies widerspricht den mit den Modernisierungsregeln verfolgten gesetzgeberischen Zielen. Der Gesetzgeber wollte die Darlegung der mit der Modernisierungsmaßnahme verbundenen Energieeinsparung erleichtern. Diesem gesetzgeberischen Ziel trägt die Entscheidung des BGH Rechnung.