Bankrecht

Weiteres EuGH-Urteil zu fehlerhaften Zinsangaben in Verbraucherkreditverträgen

EuGH-Urteil: Banken können bei Verstößen gegen Informationspflichten ihren Zinsanspruch verlieren

Am 21. März 2024 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Fall aus Bulgarien entschieden, dass ein Verbraucherkreditvertrag als zins- und kostenfrei gilt, wenn die Angabe des effektiven Jahreszinses fehlerhaft war (Rechtssache C‑714/22). Einzelheiten zu dieser Entscheidung finden Sie hier.

Am 13. Februar 2025 hat der EuGH nun seine verbraucherfreundliche Rechtsprechung in einem weiteren Urteil fortgeführt (Rechtssache C-472/23).

Sachverhalt

Ein polnischer Verbraucher schloss mit einer Bank einen Verbraucherkreditvertrag ab. Später trat er seine Rechte an ein Inkassounternehmen ab, das nun die Erstattung von Zinsen und Kosten verlangte, da die Bank seiner Ansicht nach gegen die Informationspflichten gemäß der Richtlinie 2008/48/EG über Verbraucherkreditverträge verstoßen hatte.

Konkret ging es um die Frage, ob die Bank den effektiven Jahreszins korrekt angegeben und den Verbraucher ausreichend über mögliche Änderungen von Entgelten und Provisionen informiert hatte.

Die Bank sollte nach den vertraglichen Vereinbarungen und den damit zusammenhängenden Entgeltinformationen Entgelte und Provisionen erheben können, wegen der Bearbeitung des Darlehens und der Änderung der Vertragsbedingungen. Die Entgelte und Provisionen sollten einseitig von der Bank erhöht werden können, wenn mindestens eine von mehreren im Vertrag genannten Bedingungen eintrat und diese sich auf die Kosten der Bank auswirken würden.

Nach den Entgeltinformationen konnten die Entgelte und Provisionen höchstens viermal jährlich geändert werden, jedoch nicht um mehr als 200 % des Betrags des bisherigen Entgelts oder der bisherigen Provision.

Der Vorlageentscheidung zufolge legte die Bank im Rahmen der Durchführung des in Rede stehenden Vertrags bei der Berechnung der Zinsen nicht nur den Geldbetrag zugrunde, der dem Verbraucher tatsächlich als Darlehen zur Verfügung gestellt wurde, sondern auch die Geldbeträge, die auf die Kosten des Darlehens entfielen. Der effektive Jahreszins wäre in dem entschiedenen Fall, wenn bei der Berechnung der Zinsen ausschließlich der Darlehensbetrag zugrunde gelegt worden wäre, geringer gewesen als der im Vertrag angegebene effektive Jahreszins.

Das polnische Gericht legte den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vor. Das polnische Gericht wollte insbesondere wissen:

Welche Anforderungen stellt die Verbraucherkreditrichtlinie an die Transparenz von Zins- und Gebührenangaben?

Welche Sanktionen können Banken drohen, wenn sie gegen diese Anforderungen verstoßen?

Kann ein Verbraucher bei unzureichenden Angaben zur Kreditkostenberechnung eine vollständige Erstattung gezahlter Zinsen und Gebühren verlangen?

Entscheidungsgründe

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellte fest, dass die Bank mit ihrer Vorgehensweise gegen wesentliche Verbraucherschutzvorschriften verstoßen hat. Banken müssen den effektiven Jahreszins exakt berechnen und angeben. Kann der Verbraucher nicht klar erkennen, unter welchen Bedingungen Gebühren und Zinsen sich ändern können, liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor. Fehlt eine transparente Angabe oder ist sie unvollständig, dann kann dies so behandelt werden, als hätte die Bank gar keinen effektiven Jahreszins angegeben. Die Verpflichtung, in einem Kreditvertrag den effektiven Jahreszins in klarer, prägnanter Form anzugeben, kann nicht darauf reduziert werden, dass der effektive Jahreszins nur nicht zu niedrig angegeben werden darf. Eine fehlerhafte Angabe des effektiven Jahreszinses liegt grundsätzlich auch dann vor, wenn dieser zu hoch angegeben wird.

In einem solchen Fall kann der Kreditvertrag zins- und kostenfrei gestellt werden, d. h. der Verbraucher muss nur den aufgenommenen Kreditbetrag zurückzahlen, ohne jegliche Zinsen oder Zusatzgebühren.

Der effektive Jahreszins ist der entscheidende Vergleichswert für Kreditangebote. Nur wenn dieser Wert korrekt und vollständig angegeben ist, kann ein Verbraucher die tatsächlichen Kosten des Kredits verstehen und verschiedene Angebote miteinander vergleichen.

Fazit

Die Entscheidung des EuGH ist für sämtliche Verbraucherkreditverträge innerhalb der EU maßgeblich. Banken müssen die Angaben zu effektiven Jahreszinsen in Verbraucherkreditverträgen transparent und zutreffend gestalten. Auch eine zu niedrige Angabe des effektiven Jahreszinses kann eine fehlerhafte Angabe sein, mit der Folge, dass Verbraucher keine Darlehenszinsen und sonstige Kosten an die Bank erstatten müssen.

Haben Sie in Ihrem Vertrag unklare Gebührenregelungen oder eine fehlerhafte Berechnung des effektiven Jahreszinses gefunden? Wenn Ihr Kreditvertrag nicht alle Anforderungen erfüllt, müssen Sie möglicherweise keine Zinsen oder Kosten mehr zahlen – und können bereits gezahlte Beträge zurückfordern.

Lassen Sie prüfen, ob Ihr Kreditvertrag betroffen ist. Wir helfen Ihnen bei der Bewertung Ihrer Ansprüche. Schreiben Sie uns direkt hier eine E-Mail.